Forderung 1 von 21: Legalisierung statt Festhalten an der Prohibition

Die Probleme des Drogenverbots gehen weit über die Kriminalisierung von Konsumierenden und die Illegalität einzelner Substanzen hinaus. Die Legalisierung des Anbaus von Cannabis zu Hause und in Anbauclubs und die Entkriminalisierung des Besitzes von Cannabis-​Mengen für den Eigenbedarf im Frühjahr/​Sommer 2024 waren wichtige Schritte, um erste Mechanismen im Verbraucherschutz durchzusetzen sowie erste legale Arbeitsplätze in der Branche zu schaffen.

Eine Drogenpolitik, die sich nicht mehr am Selbstzweck des Verbots ausrichtet, sondern sich den Zielen und Grundsätzen der Menschenrechte unterordnet, erfordert jedoch die vollständige Abkehr von der Prohibition und damit die Etablierung verantwortungsvoll regulierter legaler Lieferketten (Forderung 2) und Verkaufsstellen (Forderung 6).

Wir wollen verlässliche Qualität und Transparenz. Zur Legalisierung gehören ein geprüfter Anbau, sichere Lieferketten, lizenzierte Abgabestellen und Fachgeschäfte. Ware soll sicher verpackt mit Angaben über die enthaltene Menge an Wirkstoffen und Angaben zur Lieferkette erworben werden können.

Ein staatliches Lizenzsystem für produzierende Unternehmen, den Großhandel und Verkaufsstellen, welches durch Behörden verwaltet wird, kann Mindestvoraussetzungen im Sinne des Verbraucherschutzes festsetzen und somit ein unkontrolliertes Branchenwachstum von Beginn an begrenzen.

Die Legalisierung der Drogenmärkte ist eine Lösung vieler essenzieller, aber nicht aller Probleme. Die Forderung nach der legalen Marktregulierung eröffnet zwangsläufig Fragen zur legalen Ökonomie im Allgemeinen: Monopolisierung, Ausbeutungsverhältnisse, Umweltschäden, Steuerschlupflöcher für die großen Unternehmen usw. Diese Problemlage darf aber keine Rechtfertigung für die Fortsetzung der Illegalität sein. Dieselben Probleme gibt es auch in der illegalen Ökonomie. Hinzu kommen aber der fehlende Verbraucherschutz sowie die illegal erwirtschafteten Gewinne, die die Mächtigen der illegalen Ökonomie für Korruption und Waffen ausgeben können, um sich vor der Strafverfolgung zu schützen.

Eine Legalisierung muss gut durchdacht und von der Drogenpolitik-​betroffenen Zivilgesellschaft begleitet werden, um den nachhaltigen Mehrwert für die Gesellschaft und die Schwächung der illegalen Ökonomie sicherzustellen. Personen, die illegalisierte Substanzen erwerben und/​oder verkaufen, kennen die Funktion der Drogenmärkte am besten (Forderung 15).

Eine Legalisierung muss darauf ausgerichtet sein, gerade jene Personen, die biografische Nachteile aufgrund der Kriminalisierung erfahren haben, sowie die vielen Kleindealer zu involvieren, die ihre Kund*innen in den legalen Markt übernehmen möchten.

Eine Legalisierung kann die illegale Ökonomie nicht von heute auf morgen ablösen. Dies wäre theoretisch durch einen Preiskampf denkbar, der im Konflikt mit den Zielen des Verbraucherschutzes stünde. Oft gibt es jahrelange gute Beziehungen zwischen Personen, die illegalisierte Substanzen in kleinerem Umfang verkaufen, und denen, die sie erwerben. Der Vorteil der verlässlichen Qualität eines legalen Angebots ist groß, aber eine neue Regulatorik der Regierung muss nach Jahrzehnten der Strafverfolgung zunächst Vertrauen schaffen und den legalen Märkten Zeit geben, sich zu entwickeln und eine ausreichend gute Verfügbarkeit sicherzustellen.

Eine gesellschaftlich wirksame Legalisierung ist nicht möglich ohne eine öffentliche Auseinandersetzung mit den politischen Schäden, eine umfassende Wiedergutmachung für die Betroffenen der Drogenprohibition (Forderungen 17 & 18) und eine institutionelle Aufklärung (Forderung 20), um die Mythen und Vorurteile über den Gebrauch aktuell illegalisierter Substanzen und die angebliche Notwendigkeit der Kriminalisierung hinter uns zu lassen.

Zum Weiterlesen:

Der #MyBrainMyChoice-​Aktionsplan

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