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Bild: United States Geological Survey USGS (Unsplash)

Steht das EU-​Recht der Cannabislegalisierung im Weg? Nein.

Jetzt in deutscher Übersetzung: „Die Regulierung von Cannabis unter Anwendung der „ohne entsprechende Berechtigung“-Klausel in Artikel 2 Absatz 1 des EU-​Rahmenbeschlusses 2004/​757/​JI über illegalen Drogenhandel“ von Prof. Van Kempen & Prof. Fedorova (Radboud Universität Nijmegen; übersetzt von Philine Edbauer/​MyBrainMyChoice Initiative & RA Lito M. Schulte/​Lito Law)


Im Fachartikel „Cannabis Regulation Through the “Without Right” Clause in Article 2(1) of EU Framework Decision 2004/​757/​JHA on Illicit Drug Trafficking“ legen Prof. Piet Hein van Kempen und Prof. Masha Fedorova die Grenzen und Spielräume des EU-​Rechts und der Drogenkontrollverträge dar. Nationale Lizenzsysteme zur Regulierung von Cannabis durch einzelne Mitgliedsstaaten stehen nicht zwangsläufig im Wiederspruch zu den internationalen Übereinkommen.

Angesichts dessen, dass mehrere EU-​Länder ein Interesse an der Veränderung der Cannabispolitik haben, ohne dabei die Verträge dauerhaft zu verlassen, bietet es sich an, die vertraglich vorgesehenen Mechanismen für Ausnahmen (EU-​Recht) und Abweichungen (UN-​Vertragsrecht) zu nutzen. Deutschland kann seine Argumentation auf die Verbesserung des Gesundheitsschutzes, Verringerung von Gewalt durch Kriminalität und anderer Menschenrechte stützen. Mitgliedsstaaten können dies sowohl alleine als auch in einer gemeinsamen Initiative mehrerer Länder angehen.

Der Artikel erschien in seinem englischsprachigen Original Anfang März im „European Journal of Crime, Criminal Law and Criminal Justice“. Die deutschsprachige Übersetzung kann auf der Website der Radboud Universität Nijmegen abgerufen werden. (Ins Deutsche übersetzt von Philine Edbauer (#MyBrainMyChoice Initiative) und RA Lito M. Schulte (LitoLaw).)

Der Rahmenbeschluss 2004/​757/​JI (engl. 2004/​757/​JHA) des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels, dessen Ausnahmenregelung die Autor*innen des Fachartikels erörtern, kann hier eingesehen und mehrsprachig angezeigt werden.

Kommentar von Philine Edbauer (#MyBrainMyChoice Initiative):

Es liegt in der Verantwortung Deutschlands, die Chance auf Fortschritt in der internationalen Drogenpolitik nicht zu verpassen. Deutschland wird international für seine relative Vernunft, Demokratie und Betonung von Menschenrechten respektiert. Mit der wirtschaftlichen Macht als G7-​Land befindet sich Deutschland in der privilegierten Position, Änderungen in den internationalen Verträge anschieben zu können. Die Verträge sehen Spielräume und Mechanismen für Weiterentwicklung vor. In der EU gibt es mehrere Länder, die aber bei einer Einführung eines nationalen Lizenzsystems für die legale Abgabe von Cannabis ohne die Unterstützung Deutschlands oder Frankreichs mit großen diplomatischen Schwierigkeiten rechnen müssten. Sowohl Tschechien und die Niederlande als auch Aktivist*innen aus Ländern mit Menschenrechtsverbrechen wie Todesstrafe und Zwangstherapien erwarten in diesem Moment hoffnungsvoll von Deutschland, dass es seine Rolle begreift und die historische Chance wahrnimmt.“

Philine Edbauer war am 15.3.2023 auf Einladung der Bundesregierung als Einzelsachverständige im Gesundheitsausschuss und bestätigte, dass es seitens EU-​Recht und internationalen Verträgen keinen Anlass gibt, von den Plänen der legalen Marktregulierung abzuweichen. (Aufzeichnung)

Deutschsprachige Presse über den Fachbeitrag von Prof. Piet Hein van Kempen und Prof. Masha Fedorova:

Hasso Suliak (lto​.de): Cannabis-​Freigabe und internationales Recht – Ist die Lega­li­sie­rung ein Gebot der Men­schen­rechte? 1.3.2023

Sueddeutsche Zeitung /​ dpa: Rechtsgutachten uneinig bei Cannabis-​Legalisierung 1.3.2023


Weitere Beiträge über die internationale Drogenpolitik bei uns im Blog:

Cannabis und internationale Drogenpolitik: Die 63. Sitzung der CND (Nils Biedermann, 2020)

Drogenpolitischer Fortschritt bei der UN? Ergebnisse der CND-​Sitzung und progressive Töne beim INCB (Nils Biedermann, 2020)

Im (von uns auf Deutsch herausgegebenen) Praxisleitfaden „Cannabis Regulieren“ der Transform Drug Policy Foundation:

Kapitel 3G: Cannabis und die internationalen Einheitsübereinkommen (Kurzfassung /​ Buch)


Ein Demonstrant hält ein Schild hoch, auf dem steht "With priviledge comes responsibility", zu deutsch: Privilegien bringen Verantwortung
Bild: Lan Johnson (Unsplash)

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