Ein Problem, das wir seit dem neuen Cannabisgesetz nun haben, ist, dass Polizei, Staatsanwaltschaften, Gerichte und repressive Politiker*innen gerade damit überwältigt sind herauszufinden, wie sie unter den neuen rechtliche Bedingungen möglichst “verantwortungsvollˮ, also heftig und intensiv abstrafen können, was an die Entkriminalisierung angrenzt.
Ein wesentliches Problem des Cannabisgesetzes ist, dass es als Ausnahme von der Normalität des Verbotes, der Prohibition, entworfen wurde.
Das war vom Gesetzgebungsprozess her und in Hinblick auf das aktuell in Politik und Gesellschaft Machbare verständlich. Aber bei diesen Voraussetzungen, dem Geist der Prohibition, müssen wir ja nicht stehen bleiben.
Um diese drogenpolitische Weltanschaung zu überwinden, sollten wir – neben der Verteidigung einer praktisch funktionierenden Cannabis-Entkriminalisierung wie sie eigentlich vorgesehen ist, auch die Drogenbekämöfung als ganzes immer wieder thematisieren.
Man kann etwas, was aus dem Boden sprießt oder durch das Wissen der Menschheit weiterverarbeitet wird, nicht bekämpfen und darum geht es beim Drogenkrieg ja auch nicht. Der Krieg gegen Drogen trifft nicht Drogen, sondern Menschen.
Eine Verschiebung der Ressourcen der Strafverfolgung noch weiter Richtung Bekämpfung des Drogenhandels oder Konsumierende anderer Drogen ist nicht die Lösung, sondern behält das Selbstverständnis der Richtigkeit des Drogenverbots bei.
Die Bekämpfung des Drogenhandels ist seit Jahrzehnten längst offenkundig kontraproduktiv ersichtlich — mit allen verheerenden Folgen für tatsächlich und angeblich drogengebrauchende und tatsächlich und angeblich drogenverkaufende Menschen.
Was wir mit dem Cannabisgesetz in Deutschland gezeigt haben, ist, dass drogenpolitische Reformen für den Freizeitgebrauch nach Kanada in einem weiteren großen Land möglich sind. Darauf können wir aufbauen, und das Gespräch über die Beeindigung der weltweiten Prohibition prominent weiterführen.
Auswege zur nachhaltigen Schwächung der Gewalt im illegalen Drogenhandel wurden auch bereits erarbeitet. Sind aber noch selten bis gar nicht in Deutschland Gespräch. Die Global Commission on Drug Policy hat 2020 ihren Bericht über den Drogenhandel veröffentlicht, der die Empfehlungen und Erfahrungen von Expert*innen vor Ort aus verschiedenen Ländern versammelt. Und gerade bei schweren Fällen von extremer Gewalt im illegalen Drogenhandel steht die Erkenntnis fest: Inbesondere bei extremen Fällen von gewalttätiger Kriminalität ist besonders sorgfältig zu prüfen, ob es wirklich den Einsatz von Strafverfolgungsbehörden nicht nur am Rande braucht. Vielmehr sind stattdessen wahrscheinlich nachhaltige und gezielt eingesetzte Programme der Sozial- und Wirtschaftspolitik wirksam zur Reduzierung von Gewalt und Not und nicht zuletzt ernsthafte Geldwäschebekämpfung.
Zentral ist: Es darf nie allein die Aufgabe von Strafverfolgungsbehörden sein, Drogenkriminalität zu bekämpfen. Aber das ist aktuell der Zustand, wie wir in Europa damit umgehen.
Überall da, wo Menschen sind, gibt es Drogen. Dass sich die Nachfrage nicht bekämpfen lässt, hat sich momentan wohl als Wissen weitgehend durchgesetzt. Aber wo es Nachfrage gibt, braucht es einen Markt. Einen legalen Markt umsichtig zu regulieren, gehört zur Lösung, auch wenn es keine einfache Aufgabe ist, weil legale Märkte auch ihre Probleme haben. Aber das Fortführen des krachend gescheiterten Drogenverbots ist keine Option.
Die Cannabis-Teil-Legalisierung hat gezeigt, dass komplexe politische Reformen in der Drogenpolitik möglich sind. Ich hoffe, diese Erfahrung bleibt uns trotz aller aktuellen Schwierigkeiten und Unklarheiten, erhalten. Es braucht uns, die die Probleme des Drogenverbots verstehen, um den weltweiten Drogenkrieg eines Tages zu beenden.
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