#MyBrainMyChoice-​Aktionsplan: Glossar

Im Gespräch über Drogenpolitik werden zentrale Begriffe oft unterschiedlich verstanden. Zur besseren Verständigung legen wir dar, wie wir diese im Aktionsplan verwenden – ein Vorschlag von uns für mehr Klarheit in der politischen Debatte über den Status quo und Alternativen.

Legalisierung/​Entkriminalisierung/​RegulierungProhibition/​DrogenverbotAufklärungPsychoaktive SubstanzenIllegal/​illegalisiertGebrauch/​KonsumSuchtStigmatisierungDiskriminierung

Legalisierung/​Entkriminalisierung/​Regulierung

Theoretisch bezeichnen diese drei Begriffe Unterschiedliches. Die Entkriminalisierung bezieht sich auf das Strafrecht. Die Legalisierung auf den politischen Prozess von der Illegalität zur Legalität der Märkte. Regulierung meint den staatlichen Eingriff in prinzipiell freie Märkte im Sinne politischer Ziele wie etwa Jugend- oder Verbraucherschutz. Diese Begriffe werden jedoch häufig vermischt oder synonym verwendet. Wir verwenden sie deswegen nicht für sich alleinstehend, sondern mit Kontext.

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Prohibition/​Drogenverbot

Prohibition bezeichnet die Gesamtheit der gesetzlichen Verbote im Umgang mit den als illegal definierten Substanzen und die Durchsetzung dieser Verbote mithilfe des Strafrechts. Die Alkoholprohibition in den 1920/​30ern in den USA wurde nach etwa 10 Jahren wieder rückgängig gemacht. Während die globale Kontrolle des Handels einer Handvoll Substanzen ab etwa 1900 ihren Anfang nahm, wurden die heute geltenden Gesetze, die eine intensive Strafverfolgung gegen Gebrauch/​Besitz und Handel vorsehen, in den 60ern/​70ern eingeführt. Das deutsche Betäubungsmittelgesetz gilt seit 1972.

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Aufklärung

Als Aufklärung wird im Kontext von Drogengebrauch und Sucht oft eine Substanzkunde und Prävention verstanden, die zu informierteren Konsumentscheidungen führen soll. Wir meinen darüber hinaus auch die Aufklärung im gesellschaftlichen Sinne: Die Vermittlung von Wissen über die Funktionsweise und Wirkungen der deutschen Drogenpolitik, die Alternativen zur Drogenprohibition und die Handlungsempfehlungen von Expert*innen.

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Psychoaktive Substanzen

Psychoaktive Substanzen werden im Alltag häufig in drei Kategorien unterteilt: Genussmittel, die legale Substanzen wie Alkohol, Nikotin und Koffein umfassen und für Vergnügen, den Start in den Tag oder Entspannung stehen; Medikamente, die therapeutisch eingesetzte Substanzen wie Antidepressiva oder Morphin zur medizinischen Behandlung meinen; und Drogen, die meist illegalisierte Substanzen wie Heroin, Kokain oder LSD bezeichnen. Diese Einteilung ist nicht wissenschaftlich fundiert, sondern beruht auf rechtlichen und kulturellen Rahmenbedingungen. Sie spiegelt gesellschaftliche Normen und historische Entwicklungen wider, ohne dabei die unterschiedlichen Wirkungen und Risiken der Substanzen zu differenzieren. Wir verwenden den Begriff Droge im Aktionsplan synonym zu (allen) psychoaktiven Substanzen.

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Illegal/​illegalisiert

Wir sprechen von illegalisierten statt illegalen Drogen bzw. psychoaktiven Substanzen, um zu verdeutlichen, dass diese Stoffe nicht schon immer illegal waren, sondern illegal gemacht wurden.

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Gebrauch/​Konsum

Der Gebrauch/​Konsum von psychoaktiven Substanzen ist grundsätzlich nicht illegal. Per Gesetz kriminalisiert sind Besitz, Erwerb, Import, Export, Weitergabe, Verkauf, Herstellung. Um Drogen zu konsumieren muss man sie im Regelfall mindestens besitzen.

Ob das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit auch ein Recht auf Rausch bedeutet, ist umstritten. Andere Menschenrechte werden aber eindeutig und vielfältig mit der Politik der Drogenprohibition verletzt, wie schon im Eingangszitat auf Seite 2 angedeutet wird. Im Aktionsplan gehen wir unter anderem auf die Rechte auf Gesundheit und Privatsphäre ein. Auch das Recht auf Freiheit von Diskriminierung ist betroffen: Die gesellschaftliche Wahrnehmung und Polizeiarbeit sind von einer Doppelmoral geprägt, die mit rassistischen und armutsfeindlichen Stereotypen über Menschen, die legale und illegalisierte psychoaktive Substanzen gebrauchen, verbunden ist.

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Sucht

Der Begriff Sucht wird oft verkürzt verwendet, um das vielfältige Spektrum substanz- und verhaltensbezogener Normabweichungen und/​oder Störungen zusammenzufassen. Er wird in der Politik, in medizinischen Einrichtungen, sozialen Hilfen, Wissenschaft und im sozialen Miteinander oft ohne genaue Einigkeit über die Definition verwendet. Der Begriff und die Konzeption von „Sucht“ unterliegen einer fortwährenden Debatte. Der Begriff bietet Raum für Stigmatisierung, aber ein Begriff für das eigene Verhalten oder eine Diagnose kann auch hilfreich und erleichternd sein. Wir legen uns im Aktionsplan auf keine Definition fest.

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Stigmatisierung

Stigmatisierung bezeichnet einen vielschichtigen Prozess, bei dem Menschen verallgemeinert und abgewertet werden und eine negative soziale Position zugeschrieben bekommen. Das Wort kommt vom griechischen „stigma“ (Brandmal). Betroffene werden ausgegrenzt und mit Stereotypen konfrontiert. Stigmatisierung kann in alltäglichen Situationen, strukturell (durch Gesetze/​Institutionen) und in der Folge als Selbststigmatisierung auftreten. Nicht alle sind gleich betroffen von Stigmatisierung – entscheidend ist, wie sichtbar das stigmatisierte Merkmal ist und über wie viel gesellschaftliche Macht die Person verfügt, die stigmatisiert. Wiederum Menschen mit mehr Macht können sich oft besser gegen Stigmatisierung wehren.

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Diskriminierung

Diskriminierung bedeutet, dass Menschen aufgrund rassistischer, sexistischer, adultistischer, klassistischer, queerfeindlicher, ableistischer Einstellungen innerhalb unserer Gesellschaft und den Institutionen dieser strukturell benachteiligt werden. Sie kann im Alltag, durch gesellschaftliche Vorurteile oder durch scheinbar neutrale Regeln und Gesetze wirken. In der Drogenpolitik zeigt sich Diskriminierung zum Beispiel darin, dass Menschen, je nach dem, wer sie sind und was sie in welchem Umfeld konsumieren, sehr unterschiedlich behandelt werden – während manche Personen Unterstützung und Verständnis erfahren, werden andere stigmatisiert, strafrechtlich verfolgt oder sozial ausgegrenzt.

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Der #MyBrainMyChoice-​Aktionsplan

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