Forderung 14 von 21: Inklusion von Personen, die illegalisierte Drogen nehmen, in der Forschung

Forschung über Drogengebrauch und Abhängigkeit, über die Entwicklung von Hilfsangeboten und Therapieformen sowie zu drogen- und suchtpolitischen Strategien und Reformen muss den Qualitätsanspruch erfüllen, den Untersuchten ihre aktive Beteiligung – von der Beratung im Studiendesign bis hin zur Leitung von Untersuchungen – zuzugestehen. Menschen, die illegalisierte Drogen nehmen und/​oder handeln, verfügen über Wissen über Drogenkulturen, Gebrauchsmuster, Risiken sowie Strategien im Umgang mit Kriminalisierung und Stigmatisierung sowie über das Funktionieren der Märkte, das Außenstehenden kaum zugänglich ist.

Für die Beteiligung von stigmatisierten, marginalisierten und kriminalisierten Personen sowie für Forschung, die solide zur Erweiterung, zur Korrektur und dem Aufbau von Wissen beiträgt, ist unter anderem zu beachten:

  • Das Wissen von Betroffenen darf nicht für Forschungspapiere extrahiert werden, mit denen sich Forschende untereinander profilieren. Wenn Erfahrungen und Perspektiven geteilt werden, ist dies mit Vertrauen verbunden, nicht benutzt zu werden. Wie sich dies vermeiden lässt, erläutern die weiteren Punkte.
  • Dass marginalisierte Personen in schwierigen Lebenssituationen an Forschung teilhaben können, erfordert Empathie, Zeit und eine diskriminierungssensible Haltung.
  • Beteiligung darf nicht danach gefiltert werden, was man erwartet oder hören will. Untersuchungen dürfen nicht an den rechtlichen Rahmenbedingungen (Illegalität und Strafverfolgung) vorbei geführt werden. Forschende müssen die Rolle der Politik mit untersuchen und sachlich benennen.
  • Sich als Forschende für die Belange von stigmatisierten, marginalisierten Gruppen politisch zu engagieren, ist keine Befangenheit, sondern konsequentes Handeln.
  • Wer die Fragen stellt, entscheidet über den Verlauf von akademischen und politischen Debatten. Hierin liegt eine wesentliche Chance, die Forschung für die vielen bisher wenig erforschten Fragen zu öffnen. Polizeiliche Hausdurchsuchungen als Mittel der Drogenprohibition sind zum Beispiel in Deutschland bisher nicht systematisch erfasst und weder auf ihren „Erfolg“ gemäß eigener Ziele, noch auf ihre gesundheitlichen und psychischen Folgen für die Betroffenen untersucht (Forderung 16).
  • Wenig berücksichtigt wird darüber hinaus oft auch, dass Lebensqualität viele unterschiedliche Definitionen kennt. Die Abbildungen von Hirn-​Scans etwa lassen noch längst keine Schlüsse darüber zu, was diese Momentaufnahmen für die Lebensqualität der untersuchten Personen an diesem oder einem anderen Tag bedeuten.
  • Forschungsergebnisse müssen verständlich in die Öffentlichkeit kommuniziert und im Nachgang mit den Beteiligten besprochen werden.
  • Beteiligung an Forschung muss kompensiert werden. Einerseits aus Gründen der Augenhöhe. Andererseits, weil finanzielle Barrieren sonst einen Einfluss auf die Forschungsergebnisse nehmen, indem sie sozioökonomische Gruppen in einer Untersuchung weniger oder gar nicht abbilden.
  • Beteiligung muss über die gut konzipierte Auswahl von Interview-Partner*innen hinausgehen. Personen, die über die Community-​Kontakte oder die zu untersuchenden Erfahrungen verfügen, können zu Co-Studienleiter*innen gemacht oder mit Forschungsgeldern ausgestattet werden, um eigene Untersuchungen durchzuführen. Wissenschaftliches Arbeiten kann überall stattfinden und ist nicht an Forschungseinrichtungen und Universitäten gebunden.

Zum Weiterlesen:

Der #MyBrainMyChoice-​Aktionsplan

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