Ein Beitrag von Matthew Wilson, aus dem Englischen übersetzt von Philine Edbauer und Julian Roux Der Artikel ist zuerst am 2.5.22 im Filter Magazine erschienen. Danke für die Freigabe zur Übersetzung und das Vertrauen! Das Online-Magazin befasst sich aus dem Blickwinkel der Harm Reduction mit Drogengebrauch, Drogenpolitik und Menschenrechten. Du findest es auch auf Facebook und Twitter – und abonniere…
Schlagwort: Harm Reduction
Warum Deutschland Drug Checking braucht
Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag vereinbart, dass „Modelle zum Drugchecking und Maßnahmen der Schadensminderung [ermöglicht und ausgebaut werden]“ (Seite 87). Drug Checking ist zwar nicht illegal, aber befindet sich in einer Grauzone. Mit gutem Willen können die Bundesländer Lösungen finden. Thüringen macht es in kleinem Umfang vor. Berlin befindet sich in der Vorbereitung eines Stadt-umfassenden Projekts (das mitunter deswegen seit ein paar Jahren sensibel für einige Verzögerungen ist).
Drug Checking ist meist mit dem Party- und Festivalkontext assoziiert, aber grundsätzlich bezeichnet es einen Service für die Gebraucher:innen aller illegalisierter Drogen und funktioniert im Kern so: Konsumierende bringen die illegal erworbenen Substanzen zu mobilen oder stationären Laboren und erfahren im Gespräch mit Fachleuten aus dem Bereich der Drogenhilfe, was in den Substanzen enthalten ist und in welcher Dosis. Die Ergebnisse werden außerdem an Gesundheitsämter und Kliniken übermittelt, die so besser auf Notfälle reagieren können sowie an Initiativen weitergegeben, die Pillenwarnungen verbreiten.
Heute ist der International Drug Checking Day, der auf die dringende Notwendigkeit dieser Maßnahme aufmerksam machen soll. Warum es erstrebenswert ist, Drug Checking in allen Bundesländern einzuführen und die Hindernisse auf Bundesebene aufzuheben, zeigen die folgende 7 Gründe. Im Anschluss wird auf häufige Bedenken eingegangen.
Definition: Harm Reduction
„Harm Reduction“ umfasst alle Maßnahmen, die Lebensqualität verbessern. Und zwar aus der Sicht derjenigen, die das Leben leben. Vertrauen, Respekt und das Wissen und Erleben von Gebraucher:innen legaler und illegaler Drogen, mit und ohne Sucht, sind maßgeblich. Damit Harm Reduction nicht nur hinter den Schäden kriminalisierender und stigmatisierender Drogen- und Suchtpolitik aufräumt, umfasst das Konzept ebenso die politische Forderung nach einer evidenzbasierten, entmoralisierten drogenpolitischen Reform. Harm Reduction ist das Gegenmodell zur prohibitiven Drogenpolitik sowie zum Abstinenzziel als ausschließlicher Bedingung für das Gewähren von Suchthilfe.
Deutschsprachige Synonyme: Schadensminimierung, Schadensminderung, Akzeptierende Suchthilfe und Drogenarbeit
An der Seite unserer Peers: Was zu tun ist!
Menschen, die Drogen nehmen, und auf medizinische Versorgung angewiesen sind, gehören zu den besonders vulnerablen Gruppen auf der Flucht und in der Ukraine. Auf dieser Seite sind Informationen versammelt und Ressourcen verlinkt, was du mit und ohne Geld tun kannst. Einige Informationen sind auf Englisch, die aber mit dem Programm deepl.com gut übersetzt werden können. Warum Putin über Drogenkonsum spricht…
Support Don’t Punish – Global Day of Action – 26. Juni – Weltdrogentag 2021
Auch 2021 wieder haben wir zum Global Day of Action der internationalen Support Don’t Punish-Kampagne mit einer Streetart-Aktion auf dem Tempelhofer Feld beigetragen. Dabei wurden wir von den Students for Sensible Drug Policy (SSDP) Berlin unterstützt. Main Artist: Niko Sendker
International Overdose Awareness Day 2020
Der 31. August ist international als Overdose Awareness Day anerkannt, um den Menschen zu gedenken, die durch eine Überdosierung illegaler Drogen gestorben sind. Auch in Deutschland sterben jedes Jahr viele Menschen im Zusammenhang mit illegalem Drogengebrauch: 2019 waren es 1.398 Todesfälle – ein Anstieg von fast 10% zum Vorjahr – wobei Opioid-Überdosierungen der häufigste Grund sind. [2020 stieg die Zahl…
Drogentod ist kein konsumbedingtes Problem – sondern ein politisches.
Am 24. März wurde die Zahl der 2019 durch den Gebrauch illegalisierter Drogen verstorbenen Menschen in einer Pressemitteilung der Bundesdrogenbeauftragten, Daniela Ludwig, veröffentlicht. Diese Zahl ist grundsätzlich grausam, in diesem Jahr nahm sie jedoch eine besonders erschreckende Dimension an: Rund 10 Prozent mehr Drogentote verzeichnete Deutschland 2019 im Vergleich zum Vorjahr. Konkret sind das 1.398 statt 1.276 Personen und damit 122 mehr Todesfälle.1a [2020 stieg die Zahl um weitere 13 Prozent auf 1.581; 2021 um weitere 15,5 Prozent auf 1.826 verstorbene Personen.1b,1c]
Diese Entwicklung sei „auf keinen Fall hinzunehmen“ sagt Frau Ludwig auf der einen Seite – auf der anderen wird in verschiedenen Debatten nicht selten betont, dass die Zahl „illegaler Drogentoter“ im Verhältnis zu all den Menschen, die durch den Gebrauch legaler Substanzen sterben, doch eigentlich sehr niedrig sei und damit nahezu vertretbar erscheint.2