Ich weiß, dass sich konservative Mitmenschen leichter von der Notwendigkeit einer anderen Drogenpolitik überzeugen lassen und für Kompromisse zu gewinnen sind, wenn man folgendes Argument anbringt: „Wenn die Polizei nicht mehr die Konsumenten verfolgt, werden Mittel zur Verfolgung von Dealern frei.“
Es gibt ein paar gute Gründe, auf dieses Argument zu verzichten und von diesen möchte ich euch in den nächsten Minuten überzeugen:
Wir – als Konsument*innen einer oder mehrerer illegaler psychoaktiver Substanzen – sollten den Kampf für die Legalisierung nicht auf dem Rücken derer austragen, mit denen wir gemeinsame Sache machen. Menschen, die mit Drogen handeln, sind nicht unsere Feinde. Sie sind unsere Partner*innen. Zu jedem Drogengebrauch gehören auch Menschen, die die Drogen herstellen, transportieren und verkaufen. Sie halten sich ebenso wie wir nicht an die Gesetze, aber sind von weitaus höheren Strafen bedroht.
Nun lasst uns über diejenigen in den illegalen Handelsstrukturen sprechen, die wir persönlich kennen oder die wir in der Öffentlichkeit beim Arbeiten beobachten können. Es gibt auch in dieser Branche verschiedene Motivationen und Beweggründe, warum Menschen mit Drogen handeln. Beispielsweise Personen, die selbst konsumieren und ihren Bekanntenkreis versorgen und die ansonsten in ein reguläres legales Leben eingebunden sind. Oder Personen, die mit Drogen handeln, weil sie nicht oder nicht ausreichend auf dem legalen Arbeitsmarkt unterkommen bzw. staatliche Mittel zum Ausgleich beziehen können.
Auf das Argument gegen die bösen Dealer zu verzichten, ist eine Frage von Respekt und Anstand. Es gehört sich nicht, schlecht über Menschen oder Gruppen zu reden, die selbst nicht an der drogenpolitischen Debatte teilhaben können, ohne dabei eine Straftat zugeben zu müssen und die in ihrer Arbeit strukturell benachteiligt sind. Menschen, die mit Drogen handeln, sind in Strukturen eingebunden, in denen sie bei Risiken oder Gefahren nicht die Polizei um Hilfe rufen oder eine Anzeige erstatten können, ohne sich selbst strafbar zu machen. Sie haben nur beschränkte Möglichkeiten, ihre Waren auf Qualität zu prüfen. Oder mit den eigenen Anforderungen oder denen ihrer Kundschaft auf Großhändler*innen und Landwirt*innen einzuwirken.
Und schließlich stellen wir uns selbst ein Bein mit dem Anti-Drogendealer-Argument: Wenn wir das Bild von den per se gefährlichen Drogendealern aufrechterhalten, werden wir auch das Bild von den per se gefährlichen Drogen nicht los.
Die Vorteile einer Cannabislegalisierung liegen auf der Hand: Qualitätskontrolle und das Senken von schädlichem Konsum in allen Altersklassen. Das gilt genauso für alle anderen illegalisierten Substanzen.
Die Cannabislegalisierung wird je nach ihrer gesetzlichen Gestaltung massiven Einfluss auf Kleindealer*innen haben. Um die Drogenpolitik umfänglich zu verbessern und sinnvoll auszugestalten – das heißt, zum guten Leben aller Beteiligten beizutragen inkl. strukturell benachteiligter Personen – brauchen wir eine drogenpolitischen Debatte, die alle Perspektiven wahrnimmt und berücksichtigt. Wir sollten Personen, die für uns mit Drogen handeln und ebenso wie wir das blöde Verbot umgehen, Respekt und Wertschätzung zeigen. Denn sind wir ihnen nicht alle ein bisschen dankbar?
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