Welche Informationen gibt uns die Bundesregierung zum Alkoholkonsum? Auf der Kampagnen-Seite von Kenn dein Limit wird risikoarmer Alkoholkonsum für gesunde Erwachsene definiert als: Nicht mehr als 1–2 Standardgläser am Tag. Ein Standardglas ist ein kleines Bier, ein Glas Wein oder Sekt oder ein Schnaps. Und, ich zitiere: „Verzichten Sie an mindestens zwei Tagen pro Woche ganz auf Alkohol, damit das Trinken nicht zur Gewohnheit wird.“
Das sind überraschend großzügige Angaben, aber das Projekt gilt als erfolgreich. Es ist ein akzeptierender Ansatz, der die Realität als Ausgangspunkt und Maßstab nimmt. Was daran besonders bemerkenswert ist: Es wird damit gearbeitet, risikoarmen Konsum zu bewerben. Es stellt keinen Widerspruch dar, dass sie auf derselben Seite angeben, dass es keinen risikofreien Alkoholkonsum gibt.
Aber: In der Realität gibt es ebenso risikoarmen Cannabiskonsum, risikoarmen LSD-Konsum und risikoarmen Kokainkonsum. Auch risikoarmer Heroinkonsum ist möglich.
Es ist nicht hinzunehmen, dass man bei allen anderen Drogen als Alkohol die Leute sich selbst überlässt und wenn etwas schief geht, werden die Drogen zu den Schuldigen gemacht, der Freundeskreis oder die Dealer. Die Regierung nimmt sich hier aus der Verantwortung, die sie eigentlich für unsere Gesundheit hat, und zieht es stattdessen vor, an der willkürlichen, moralisch übergriffigen und schädlichen Grenze zwischen legal und illegal festzuhalten.
Wir brauchen keine Strafverfolgung durch die Polizei. Wir brauchen Kenn dein Limit-Seiten für alle Drogen.
Was ist aber mit Sucht? Es ist leider ein Buzzword von CDU-Politiker:innen, um Angst zu verbreiten, aber auch eine berechtigte und wichtige Frage. Diese Frage stellen wir uns wahrscheinlich alle mal, ob bei Alkohol, Zigaretten oder illegalen Drogen, bei uns selbst oder Angehörigen. Was ist Sucht? Stimmt vielleicht mit meinem Drogenkonsum etwas nicht? Tut er mir wirklich gut?
Die Antwort darauf ist ganz leicht: Nicht grübeln! Wenn wir Zweifel oder Schwierigkeiten bei uns, Freund:innen oder jemandem aus der Familie feststellen, freuen sich die wunderbaren und fachkundigen Menschen von Beratungsstellen darauf, uns zu beraten. Es ist ganz normal, dass es nicht immer nur unkompliziert läuft, das ist ok, auch bei illegalen Drogen! Man kann Termine vereinbaren, telefonieren und auch chatten. Ich will das betonen, weil die Stigmatisierung von Drogenkonsum und Sucht durch Gesellschaft, Schule, Familie sich ganz tief im Kopf verankert und unserer Verhalten gegenüber uns selbst und anderen und unseren Drogenkonsum negativ beeinflussen kann. Beratungsstellen sind für uns da. Ohne Verurteilungen und bedingungslos.
Risikoarmer Drogenkonsum ist aber letztendlich erschwert, wenn man nicht weiß, was in den Drogen drin und wie viel. Wo bleibt das Drug Checking in Berlin?
Nachdem Aktivist:innen seit 30 Jahren für Drug Checking gekämpft haben, nachdem unter Rot-Rot-Grün in dieser Legislaturperiode alles vorbereitet wurde und zwar kostenlos, an verschiedenen Standorten mit unmittelbarer Beratungsoption, und nicht nur für Partyuser, sondern genauso für Heroinkonsumierende. Es hätte nun schließlich nach diversen unerwarteten Komplikationen starten können, aber jetzt im Wahlkampf stellt sich plötzlich jemand quer. Wer hat uns verraten? Franziska Giffey, die gerade Wahlkampf für Rot-Schwarz-Gelb macht und denkt, Berlin wird besser, wenn mehr Polizei präsent ist.
Wir müssen wählen gehen. Auch, um JA beim Volksentscheid anzukreuzen, um über 240.000 Wohnungen in die Öffentliche Hand zu überführen. Wir haben hier die Chance, Geschichte zu schreiben, weil wir für die anderen deutschen Städte und weltweit ein Signal setzen werden, dass es möglich ist, Immobilienspekulation gemeinschaftlich den Kampf anzusagen.
Wir müssen wählen gehen, um Linke und Grüne stark zu machen für eine erneute R2G-Regierung, sonst wars das mit Drug Checking und sonst wird ein erfolgreiches Volksbegehren nicht umgesetzt. Dann war’s das auch mit der Aussicht auf eine autofreie Stadt, Clubkultur und unbebautem Tempelhofer Feld. Ich schweife hier vom Thema Drogen ab, weil wir nicht vergessen dürfen, dass Drogenkonsum und vor allem ein positiv wirkender Drogenkonsum von guten Rahmenbedingungen abhängt und wie diese gestellt sind, hängt davon ab, wer regiert.
Eine halbwegs gute Nachricht zum Drug Checking habe ich aber abschließend. Es wurde ein neues Testverfahren entwickelt, bisher für MDMA, LSD und Psilocybin, sodass ihr euch selbst aussagekräftige Testkits bestellen könnt. Ich mache jetzt unbezahlte Werbung, weil es sie nur von dem einen Start-up gibt, das sie dankbarerweise entwickelt hat: Miraculix.
Quellen zum Weiterlesen:
Unser Beitrag zu Sucht: „Die Erfindung der „Sucht“ und ihre schwerwiegenden Konsequenzen“ von Korbinian Baumer
Chat/Telefon/Termin mit Drogennotdienst Berlin
Übersicht einiger progressiver Beratungsstellen in DE: Akzept e.V. Mitglieder, aber auch generell sollte bei den meisten bekannt sein, dass Verurteilungen und übergriffige Bedingungen unangemessen und kontraproduktiv sind.
Durch zahlreiche Initiativen und Verbände gibt es dennoch viel Wissen über Safer Use, z.B. auf der Seite von Sonar Berlin, desweiteren aktuelle Pillenwarnung und weitere Infos bspw. über die KnowDrugs App, und super ist auch dieses Buch (speziell für Jugendliche geschrieben, aber dennoch für jedes Alter): Jörg Böckem, Henrik Jungaberle: High sein – Das Aufklärungsbuch
#mybrainmychoice-Playlist (YouTube): Tiere, die Drogen nehmen
DKFZ: Alkoholatlas (ca. 80% 30-Tagesprävalenz ohne Minderjährige und Senior:innen)
Kennt dein Limit: Alkoholkonsum
Deutsche Wohnen & Co Enteignen: FAQ
ZEIT: Berliner Volksbegehren – Enteignungen können Teil der Lösung sein
Taz: Drug Checking – Rausch im Verzug
Miraculix: Testkits
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